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Konzert - Unsane, Dyse, flu.ID, D66
Weil lärmige Musik prima ist und ein intaktes Gehör zwar von Ohrenärzten und deiner Mami empfohlen wird, ansonsten aber ungemein überschätzt ist, fand ich am Freitag dem 21.09.07 in Begleitung zweier Freunde meinen Weg ins Hafenklang Exil in Hamburg.
Da wir um ca. halb neun feststellen mußten, dass der Beginn der Konzertveranstaltung um ein paar Stunden nach hinten verlegt worden war, setzten wir uns zunächst in eine Bar ein paar Schritte weiter, um noch ein wenig Altonaer Nachtleben zu erfahren. Folgender Dialog ist nicht ganz frei erfunden. Oleg: „Also ich glaube, wir sind hier seit Zerfall des Osmanischen Reiches die ersten Gäste, die keine Türken sind!“ Ich: „Stimmt.Aber das Bier heißt Holsten, kostet einsfuffzig und ist lecker!“ Oleg & Martin:“Prost!“ Doch schnell vergeht bekanntlich die Zeit wenn man sich amüsiert, und kurz nach zehn betraten wir die lauschigen Gemächer des Hafenklang Exil, in dem ich noch nie vorher gewesen war. Sympatische Behausung allemal, der Keller in dem die Konzerte stattfinden scheint früher eine Ubahnstation oder ein Bunker oder dergleichen gewesen zu sein. Die Wände voller Grafitti, schummerige Beleuchtung, ein paar abgewetzte und gemütliche Sofas in den Ecken – ein guter Schauplatz für dreckigen Noiserock und RocknRoll überhaupt, auch am Sound aller Bands gab es für mich nichts auszusetzen, wenngleich Oleg das Schlagzeug teilweise etwas übermächtig fand. Als erstes spielten D66, wobei man die meiste Zeit sagen müsste: spielte. Denn D66 ist in erster Linie ein altersmäßig schwer einzuschätzender Altpunk, der dreckigen LowFi Blues mit Punkrock versetzt zum besten gibt. Dabei braucht der gute Mann nicht mehr als seine Gitarre, ein Mikro und ein äußerst reduziertes Drumkit bestehend hauptsächlich aus der Bassdrum. Ob D66 vorher schon vielen bekannt war kann ich schlecht sagen, aber sein energiegeladener Auftritt kam nicht nur bei mir gut an – überall im gar nicht besonders leeren Saal wippten Köpfe und Füße, sichtbar zu tanzen hat sich aber wohl doch niemand getraut. Nach einer kurzen Umbau- und Bierpause rannten unvermittelt drei hagere Gestalten auf die Bühne und Sekunden später war akustisch die Hölle los. FLU.ID knallten der Menge ihren vertrackten Hardcore um die Ohren, und das mit einer Wucht und Wildheit das der zuvor aufgetretene D66 sich dagegen wie entspannte Walgesänge ausnahm. Und das sollte schon etwas heißen! Ihr Brutalo-Hardcore, der stilistisch des öfteren an DILLINGER ESCAPE PLAN erinnert, verlangt vor allem dem Schlagzeuger technisch einiges ab, der mit freiem Oberkörper und rosa Kindermütze mit Schweinsohren dran brilliert. Der Saal füllt sich weiterhin und die Ostdeutschen hinterlassen eine ganze reihe offener Münder – da sollte wohl einiges an Fans dazugekommen sein, und das ganz zurecht! Noch etwas betäubt von dieser Attacke und etwas unsicher auf den Beinen wankte ich dann erstmal vor die Tür, um frische Luft zu schnappen. Das Gleichgewichtszentrum sitzt im Ohr, so deutlich kann man es selten nachempfinden. Doch lange Atempausen waren nicht drin, DŸSE bliesen zum Angriff auf die Hörmuscheln. Die intensiven Touren haben den beiden bislang zum Glück nicht den Spaß am Musizieren verderben können. Die Zwei-Mann-Band rockte von der ersten bis zu letzten Sekunde und stand FLU.ID in punkto Spielwut in nichts nach. Musikalisch gesehen kamen sie um einiges leichtfüßiger und eingängiger daher, aber keinen Deut weniger unterhaltsam. Sehr gut kam auch die Human Beatbox, die bei „Senge“ als Gast auf der Bühne stand. Gern mehr davon! Nicht erst bei ihrer Zugabe, bestehend aus „dermannausgold“ würde es überdeutlich: DŸSE sind auf der Bühne unschlagbar. Wer ihren seltsamen „Energie-Rock“ auf Konserve nur annähernd mag, muß sie auf der Bühne sehen. Besser geht es nicht. Punktum. Das sahen die meisten im gutgefüllten Saal ebenso. Mit breitem Grinsen lief ich durch die Gegend und war bereits vollkommen im Reinen mit mir und diesem Abend voller prima Musik, sodass ich beinahe schon vergessen hätte, das der Headliner noch ausstand, die Noiserockpioniere UNSANE nämlich. Die spannende Frage lautete dann hauptsächlich: Wie um alles in der Welt wollen sie das noch toppen? Der Headliner soll ja bekanntermaßen eigentlich die Krönung der Dröhnung sein. Nicht nur deswegen war ich sehr gespannt auf die New Yorker, die ich vorher noch nicht live bewundern durfte. Spät war es als sie schließlich die Bühne betraten, die drei Herren, es dürfte nach halb zwei gewesen sein. Doch um es kurz zu machen: zumindest bei mir war der Ofen ziemlich aus. Nach dem geballten Irrwitz dieser drei Vorbands kamen UNSANE mit ihrem geilen, dreckigen Noiserock nicht nur mir ziemlich bieder und normal vor. Dabei kann man den Jungs eigentlich kaum einen Vorwurf machen, denn sie machten ihre Sache absolut ordentlich, vielleicht mit ein paar Schlagzeugintros zuviel, aber sonst nichts zu meckern. Dennoch wurden sie von ihren Vorbands gnadenlos an die Wand gespielt, was bei dem Inferno zwar keine Schande, aber doch schade ist. Mit meiner Meinung stand ich dabei nicht alleine da – der Saal blieb zwar gut gefüllt, wahre Euphorie lag jedoch keine in der Luft. Alles in allem war es ein absolut gelungener Abend voller Bier, Schweiß und RocknRoll. Wenn das Pfeifen nicht bald verschwindet, gehe ich vielleicht doch mal zum Ohrenarzt.... |
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