Mit „Ótta“ hat das vierte full-length SÓLSTAFIR-Album das Licht der Welt erblickt. Passend zum Namen finden sich acht bittersüße Songs, zu denen man schwelgen, rocken, sich besinnen aber auch nachdenklich sein kann. Alle verfügen über ein Potential, dass die Umsetzung auf der Bühne interessant macht. Einige Songs wurden schon auf den Sommerfestivals getestet. Und wer die beeindruckende Performance vom „Ótta“ auf dem Party San Open Air gesehen hat, wird mit leuchtenden Augen der Dinge harren, die da auf Tour kommen mögen.
Ab Ende Oktober befinden sich SÓLSTAFIR auf ihrer ersten Headliner-Tour durch Europa und machen in diesem Rahmen am 13.11.2014 im FORUM Bielefeld halt. Im „Gepäck“ befinden sich SAHG aus Norwegen und OBSIDIAN KINGDOM aus Spanien. Drei Bands unterschiedlicher Rock-Coleur, die einen fesselnden Abend versprechen.
Mit „Òtta“ haben SÒLSTAFIR eines DER Alben dieses Jahres veröffentlicht, was eine Tour einfach unumgänglich macht. Am 13.11.2014 machen die Isländer daher auch im Rahmen ihrer ersten Headliner-Europatour im Forum in Bielefeld halt. Zunächst muss man jedoch an den Vorbands vorbei, was dank der exzellenten Auswahl jedoch keinen Zwang darstellt.
OBSIDIAN KINGDOM eröffnen den Abend und wirken beim Betreten der Bühne noch recht schüchtern. Das ändert sich schlagartig mit dem Erklingen des ersten Takts. Als hätte jemand auf einen Knopf gedrückt explodiert das Quintett förmlich. Die ?? gehen voll in ihrer Musik auf, die eine undefinierbare Mixtur aus Postrock, Progressive und Metal darstellt. Dennoch bleibt alles nachvollziehbar und authentisch. Es bleibt Zeit zum Moshen und zum Schwelgen. Laut und leise, klarer Gesang und Growls, Raserei und Träumerei. Die einzelnen Songs werden direkt ineinander übergeleitet, so dass das Set wie aus einem Guss klingt. Am Ende sind OBSIDIAN KINGDOM ausgepowert, haben das Bielefelder Publikum aber voll auf ihrer Seite. Das belegt der laute minutenlange Applaus, der die Spanier zunächst total zu überraschen scheint, ehe sie sich mit einem entwaffnenden Lächeln bedanken und verabschieden.
Setlist: And Then It Was RMX – Last Of The Light – Genteel To Mention – Cinnamon Balls – Endless Walls – Fingers In Anguish - Ball-Room – And Then It Was
SAHG haben es danach überraschend schwer. Die Norweger gehen engagiert zu Werke und haben mit dem aktuellen Album „Delusions Of Grandeur“ starkes Material am Start. Dennoch will der Funke nicht so richtig überspringen. Obwohl die beiden Gitarristen das Publikum immer wieder anfeuern und sich einige kleine Saitenduelle, der Bass schön wummert und auch sonst eigentlich alles cool ist, mag sich keine Ausgelassenheit einstellen. Da ändert auch mein persönlicher Favorit „Pyromancer“ nichts. Schade, aber über einen liebevollen, aber dennoch verhaltenen Abschiedsapplaus kommen SAHG heute nicht hinaus.
Setlist: Slip off the Edge of the Universe – Firechild - Godless Faith – Ether – Pyromancer - Echoes Ring Forever
Nun wird es langsam doch kuschelig vor der Bühne, auch wenn die Show heute nicht ausverkauft ist. Die letzten Umbaumaßnahmen und Line Checks finden statt, die Nebelmaschine wird noch einmal richtig angeworfen und als das Intro erklingt, geht ein kollektives „ahhh“ durch die Reihen. Die Vier werden ausgiebig beklatscht und bejubelt, ehe Band und Publikum im allseits beliebten „Köld“ versinken. Kurzes Erwachen in den Songpausen, in denen Frontmann Addi seine Qualitäten als charmanter Entertainer unter Beweis stellt. Das Publikum frisst ihm sprichwörtlich postwendend aus der Hand. Die Frage nach dem Vornamen des zweiten Gitarristen gerät zum lustigen Ratespiel und auch die Antwort, wer denn schon alles in Island gewesen sei, gerät zum tosenden Gebrüll. Hauptaugenmerk liegt selbstredend auf den neuen Songs, die allesamt sehr gut ankommen. Freunde des letzten Albums werden mit „Þín Orð“ und „Svartir Sandar“ bedient. Letzteres – bei mir wie immer für eine Gänsehaut verantwortlich – markiert den letzten Song des regulären Sets. So leicht werden SÓLSTAFIR aber nicht von der Bühne gelassen. Die Isländer lassen sich auch nicht lange bitten und legen noch zwei Stücke nach. „Fjara“ lädt zum Mitwiegen ein und bei „Goddess Of The Ages“ erlebt das Mädel in der Mitte der ersten Reihe ihr persönliches Konzerhighlight, als sie beim Refrain das Mikrophon vor die Nase gehalten bekommt. Geistesgegenwärtig singt sie weiter, während so manch anderer sicherlich perplex gewesen wäre.
Setlist: Náttfari – Köld – Lágnætti – Rismál – Ótta - Þín Orð – Dagmál – Náttmál - Svartir Sandar II Fjara - Goddess of the Ages
Hiernach ist dann wirklich Schluss, aber SÓLSTAFIR wären nicht SÓLSTAFIR, wenn sie sich nicht nach einer kurzen Atempause am Merchandisestand einfinden würden. So bleibt noch Gelegenheit für einen kleinen Plausch und zum Autogramme signieren, ehe es in die frisch Nacht und auf den Heimweg geht.