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Konzert - Cryptopsy
02.02.06, 19:00
Hurtlocker/Vesania/Aborted/Dew Scented/Grave/Cryptopsy
Ein Package aus sechs Bands, 'das kann was werden' sind meine Gedanken auf dem nach Hannover. Zum Glück haben sie am Musikzentrum ein Einsehen und beginnen mit dem Einlass ein bisschen früher, damit die Füße von so Weicheiern wie mir nicht zu dolle einfrieren. Zu angenehmer „Pausenmusik“ suche ich mir ein nettes Plätzen und harre der Dinge, die da kommen mögen.
Pünktlich um 19.30 Uhr verstummt die Musik aus der Konserve und Hurtlocker betreten die Bühne. Der Fünfer aus Chicago ist hierzulande ja eher ein unbeschriebenes Blatt. Dementsprechend war ich schon neugierig, was ich wohl so zu hören bekommen würde. Ohne Umschweife beginnt man mit dem ersten Song, einer rhythmischen Uptempo-Granate. Bassist und Gitarrist posieren am rechten Bühnenrand um die Wette, während der Sänger seine Zeilen ins Mikro schreit oder zur Abwechslung grunzt. Um die Leute, die abwartend noch ziemlich weit von der Bühne entfernt stehen näher an selbige heranzulocken, verteilt man becherweise Vodka, was natürlich Sympathiepunkte bringt. Danach geht es munter weiter. Alle Songs sind in ein aggressives Death Thrash Metal Gewand gehüllt und hier und da finden sich auch ein paar Elemente, die jeder Bay Area Band Ehre machen würden. Dennoch sind die Reaktionen eher höflich – was wohl einfach am Unbekanntheitsgrad liegt, denn die Jungs sind keineswegs schlecht. Man ist nur einfach nicht mit dem Material vertraut. Nach einer guten halben Stunde ist die Spielzeit herum und man bedankt sich beim Publikum und klatscht Hände ab, wobei sogar ein paar Zugaberufe ertönen. Während der Umbaupause herrscht reges Treiben auf der Bühne, denn Vesania wollen auch ein bisschen was für das Auge bieten und entrollen zwei riesige Banner mit dem Logo, was schon ziemlich beeindruckend aussieht. Auf ein Intro wird verzichtet und man beginnt mit „God the Lux“. Schon gleich bei den ersten Tönen wird klar, dass hier Profis am Werk sind, denn man agiert absolut aufeinander eingespielt und präzise wie ein Schweizer Uhrwerk. Bei gutem Sound kommen die technischen Feinheiten gut zur Geltung. Frontmann Orion – einigen sicher auch als Bassist von Behemoth bekannt – schreit und kreischt sich kraftvoll durch die Songs und schwingt gleichzeitig die Sechssaitige. Und er hat ein verdammt variables Organ, das sei euch versichert! Schlagzeuger Darray treibt seine Vordermänner mit Double Base-Salven voran, und auch die Keyboards fügen sich gut in den Gesamtsound ein. Aber bitte jetzt keine gedanklichen Vergleiche zu irgendwelchen norwegischen und englischen Bombastbands! Im Laufe des Geschehens tauen die Polen auch menschlich etwas auf und wirken nicht mehr ganz so unnahbar. Zwischen den Songs macht Orion nun etwas ausführlichere Ansagen und scherzt auch hin und wieder, was sehr gut ankommt. Leider vergeht auch hier die Zeit wieder viel zu schnell, und schon wird der letzte Song angekündigt. Das Gaspedal wird bei „Synchroscheme“ noch mal bis zum Anschlag durchgetreten, und der gurgelnde Gesang verleiht dem Song eine heftige Note. Der Bassist mosht – wie auch bei den anderen Songs – als gebe es kein Morgen. Zum Glück bieten die atmosphärischen, Keyboard dominierten Parts ein wenig Zeit zum Luftholen. Und dann ist der Spuk vorbei. Leider. Und das scheint nicht nur mir so zu gehen, denn es gibt lautstarke Sympathiebekundungen und zufriedene Gesichter. Das ist bei dem technisch anspruchsvollen und einwandfrei gespielten Black/Death-Gebräu aber auch kein Wunder. Von daher kann ich nur das Prädikat „absolut genial“ verteilen! Setlist: God The Lux – Posthuman Kind – Rest In Pain – Marduke´s Mazemerising – Legions Are Me – Synchroschemic Dagegen wirken Aborted ziemlich schnörkellos, was aber eindeutig an deren Musikstil liegt. Unbarmherzig beginnen die Belgier mit „Dead Wreckoning“, einem Song, der einfach nur knallt. Dementsprechend geht im Publikum auch sofort die Post ab. Es entsteht ein kleiner Pit, in dem wild herumgeschubst wird. Aber auch auf der Bühne fliegen die Haare tief, besonders Bassistin Olivia mosht fast ohne Pause, während Fronter Sven wie ein Berserker über die Bühne fegt. Man gönnt sich und den Fans kein Verschnaufen und liefert das volle Death Metal Brett. Hier und da finden sich ein paar Vocals und Rhythmen, die ein klein wenig an alte In Flames erinnern, und an anderen Stellen driftet man ein bisschen in Richtung Grind ab. Gleichzeitig werden auch etwas langsamere Passagen in die Songs integriert, die bisweilen recht melodisch klingen. Und ein paar Mal demonstriert Seb bei einem Gitarrensolo seine Spielkünste. Schwerpunktmäßig werden die letzten beiden Veröffentlichungen „The Archaic Abattoir“ und „Goremageddon: The Saw And The Carnage Done“ behandelt, aber auch ein paar Stücke von den vorangegangenen Alben fehlen nicht. Und man merkt dieser gut aufeinander eingespielten Mannschaft auch nicht an, dass an den Saiteninstrumenten eigentlich drei Aushilfsleute stehen, da man sich Anfang des Jahres vom Bassisten und einem Gitarristen getrennt hat, und der zweite Gitarrist nicht mitkommen konnte, da er Vaterfreuden entgegen sieht. Setlist: Dead Wreckoning – Meticulous Invagination – Getaded Rabidity – The Holocaust Incarnate – Charted Carnal Effigy – The Saw and The Carnage – Sanguine Verses – Start Threading – The Gangreenous Epitaph – A Cold Logistic Slaughter – The Sanctification Of Fornication Eigentlich brauche ich zu Dew Scented nur ein Wort zu schreiben: Heimspiel! Man merkt sofort, dass die meisten gekommen sind, um die sympathischen Jungs zu sehen. Dementsprechend herrscht jetzt auch ein reges Gedrängel in den ersten Reihen. Jeder versucht einen Platz genau vor Frontmann Leif zu ergattern. Selbiger hat glänzende Laune und begrüßt zahlreiche Bekannte, die sich in der Halle befinden. Zur Musik brauche ich, glaube ich nicht mehr viel zu sagen. Die Fünf bringen ihre Version von Thrash Metal absolut authentisch und ohne unnötige Schnörkel rüber. Leif malträtiert seine Stimmbänder ohne auch nur einen Anflug von Gnade. Die beiden (mehr oder weniger Aushilfs-) Gitarristen sind bestens aufeinander abgestimmt und sorgen für einen ordentlichen Drive, vorangepeitscht von Schlagzeuger Uwe. Bassist Alex spielt zwischendurch immer wieder den Clown und feuert die Fans mit ununterbrochenem Grimassenspiel an. Das wäre aber eigentlich gar nicht nötig, denn die Leute fressen den Musikern sowieso vom ersten Takt an aus den Händen. Es wird mitgegrölt, und es bildet sich ein Moshpit, in dem es ordentlich zur Sache geht. Aufgrund des engen Zeitplans mussten Dew Scented im Vorfeld leider ihre Setlist zusammenstutzen, was den Fans natürlich sauer aufstößt, denn nach sieben Songs ist Schluss und man kommt nicht in den Genuss einer Zugabe. Trotzdem wird man kurze Zeit später wieder versöhnt, als die Musiker nach ein paar Erholungsminuten auf einen Plausch aus dem Backstagebereich herauskommen und sich unter die Leute mischen. Setlist: New Found Pain – Bitter Conflict – Turn To Ash – Cities Of The Dead – Never To Return – Supposen – Acts Of Rage Als Co-Headliner fungieren Grave, die für mich den Ausschlag gaben, überhaupt zu kommen. Während eines technoiden Intros, dass jedem Kriegs- aber auch Science Fiction-Film alle Ehre machen würde, betreten die Schweden die Bühne und werden mit großem Jubel begrüßt. Leider hat das Trio jedoch gleich zu Anfang mit einem äußerst miesen Sound zu kämpfen, so dass die ersten beiden Songs leider etwas untergehen. Außerdem macht sich das Fehlen der zweiten Gitarre negativ bemerkbar, da die Gitarrenwand nicht so massiv ist wie sonst. Von diesen Problemen lassen sich die Herren Lindström, Ekegren und Isaksson aber nicht abschrecken und legen eine amtliche Spielfreude an den Tag. Und die Fans danken es ihnen. Es entsteht ein Moshpit, aus dem ständig Leute herausfliegen, und ein paar ganz Mutige entern die Bühne, um sich von schätzungsweise 12 Leuten auffangen zu lassen. Nun denn, der ein oder andere landet etwas unsanft auf dem Betonboden, aber wir sind hier ja auch nicht auf einem Britney Spears-Konzert. Der Death`N`Roll – Bastard sucht sich seinen Weg durch die Gehörgänge ins Hirn, und spätestens nach dem dritten Song melden auch die Nackenmuskeln, dass sie nun endgültig auf Betriebstemperatur sind. Zeit für eine kleine Pause in Form einer Ansage. Frontmann Ola informiert, dass man gerade in den Vorbereitungen zum neuen Album steckt und jetzt einen neuen Song vorstellen möchte. Mit einem Augenzwinkern meint er, dass sie „By Demons Bre(e)d“ nicht aufnehmen werden, wenn er dem Publikum nicht gefällt. Ja, ja – wer es glaubt… Aber über das Nichtgefallen brauchen sie sich keine Sorgen machen, denn nach einem langsamen Beginn steigert man die Geschwindigkeit im Mittelteil gewaltig und krönt das Ganze mit einem krassen Gitarrensolo. So langsam macht sich danach unter den Fans eine Unruhe breit, und die ersten Sprechchöre setzen ein. Trotzdem müssen sie sich bis ganz zum Schluss gedulden, denn dann wird endlich „Into The Grave“ gespielt, in dessen Anschluss die Musiker zahlreiche Hände abklatschen müssen. Setlist: Detormed – You´ll never see – Reborn – Turning Black – By Demons Bre(e)d – Rise – Soulless – Into The Grave Ab jetzt wissen wohl etwa 95% der Anwesenden nicht, was sie erwarten wird. Aber laut den Ausführungen meines Kumpels, der zudem ein ziemlich begabter Schlagzeuger ist, kommt wohl etwas ganz schön Heftiges auf mich zu. Ich bin gespannt. Und diese Spannung wird durch das majestätische Intro noch weiter gesteigert. Was dann kommt, ist schwer in Worte zu fassen. Am einfachsten ist es wohl als akustisches Inferno zu beschreiben, was Cryptopsy da auf die Hörerschaft loslassen. Schon alleine die Schlagzeugbatterie lässt einen schlucken. Und der Mann hinter der Schießbude – Flo Mounier – spielt einfach unglaublich schnell und technisch versiert. Aber auch die anderen Musiker sind Virtuosen an ihren Instrumenten. Die beiden Gitarristen liefern sich wahre Duelle, und der am rechten Bühnenrand zieht zu jedem Griff eine Grimasse, was bisweilen schon ein ziemlich irrer Anblick ist, während der Bassist unermüdlich sein elendig lange Matte – auf die man echt neidisch werden kann – kreisen lässt. Wer nicht gerade selbst Musiker ist und gebannt das Highspeedgefrickel verfolgt, richtet seine Hauptaufmerksamkeit wohl am ehesten auf den Sänger. Am Anfang noch in Ledermantel und mit Lederhandschuhen angetreten, zollt er der Hitze jedoch schnell Tribut und entledigt sich dieser warmen Kleidungsstücke nach dem zweiten Song. Auch ansonsten hat er so seine Eigenarten, was jetzt aber ausdrücklich nicht negativ gemeint ist. Es ist halt nur ungewohnt, wenn sich jemand auf einem Metalkonzert wie ein absoluter Gentleman verhält. Stimmlich variiert er taktweise zwischen Growlen, Kreischen und klarem Gesang, was bestimmt sehr anstrengend ist. Nebenbei versteht er es blendend, mit dem Publikum zu kommunizieren. Mit einem Augenzwinkern erklärt er, dass er hofft, dass man die folgenden – ohne Pause gespielten – drei Songs überlebt, weil man noch ein paar mehr im Programm hat, und schüttelt unermüdlich Hände oder zerwuschelt besonders enthusiastischen Fans die Haare. Nach etwas mehr als einer Stunde ist dann nach einer Zugabe Schluss, und Publikum sowie Band ziemlich ausgepowert. Denn die Musik der Kanadier ist alles andere als leicht verdaulich. Der Death Metal ist mit Tempowechseln gespickt, dass einem schwindelig wird und mit progressiven Einsprengseln garniert. Und „Einsprengsel“ ist absolut wörtlich zu nehmen, denn es sind allerhöchsten zwei bis drei Takte, ehe man dann sofort wieder kompromisslos hart zur Sache geht. Für mich als Nichtkennerin dieser Band ist das teilweise eine arge Reizüberflutung, denn ich habe kaum Zeit, alles gehörte sacken zu lassen, da ständig neue Melodien, Rhythmen, Breaks und was nicht alles auf mich herein brechen. Dennoch haben sie einen guten Eindruck hinterlassen, und ich würde ohne zu zögern wieder zu einem Cryptopsy-Gig gehen. Setlist: Cryp – White Worms – Carrionshine – Adeste Infidelis – Abigor – Keeping The Cadaver Dogs Busy – Angelskingarden – The Pestilence – Graves Of The Fathers – The Frantic Pace Of Dying – We Bleed – Endless Cemetery – Phobophile // wiebke
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