Als ich durchgefroren im Labor ankomme herrscht unter den Desolatoren eine extreme niedergeschlagene Stimmung. Grund ist der ist der akute Krankenhausaufenthalt und das daraus resultierende Fehlen von Schlagzeuger Tommi. Da keine Zeit blieb einen Ersatzschlagzeuger einzuarbeiten, haben DESOLATION kurzerhand und zwangsläufig beschlossen, die Drums vom Band kommen zu lassen. Daraus resultieren allerdings neue Probleme wie sich beim Soundcheck zeigt, da die Technik ihren eigenen Willen hat und dem armen Keyboarder Sebastian so manche Sorgenfalte auf die Stirn zwingt.
Mit einiger Verspätung beginnt dann auch der Einlass, und es stellt sich schnell heraus, dass FOR YOU MY DEAR anscheinend die treueste Fangemeinde haben, denn als das Quartett gegen 22 Uhr loslegt, befindet sich ein Haufen junger Leute vor der Bühne, die ab dem ersten Takt voll dabei sind. Da wird zum Screamo der Hannoveraner wild mit den Armen um sich geschleudert, herumgehüpft und gekickt, dass ich mich insgeheim schon darauf freue, gleich Schultern wieder einrenken zu können (ja - da kommt der Mediziner wieder durch
). Es geht aber zum Glück ohne Kollateralschäden ab, und Frontmann Dominik erhält zwischenzeitlich auch schreitechnische Unterstützung durch zwei Kumpels. Song- und Musiktechnisch gibt mir dieser Stil zugegebenermaßen gar nichts, allerdings gefällt mir diese eine ruhige Gitarrenmelodie in einem Stück sehr gut, ehe wieder voll losgeschreddert wird. Beim letzten regulären Stück kommen noch einmal Vergleiche zu den Foo Fighters auf, ehe FOR YOU MY DEAR eigentlich die Bühne verlassen wollen. Da ihr Fanclub aber einen Mordslärm macht, dürfen sie noch ein paar Zugaben geben, die sich kurz und energiegeladen gestalten.
Als nächstes sind die FALLEN SAINTS an der Reihe. Leider zeigt sich das hannoversche Publikum mal wieder von seiner „besten“ Seite und geht auf Abstand zur Bühne. Da kann Frontmann Oli so viel animieren wie er will, die Lücke bleibt. Oli macht das Beste aus der Situation und hüpft einfach kurzerhand von der Bühne, um direkt vor dem Publikum zu growlen und zu moshen. Seine Bandkollegen fahren derweil ein amtliches Death Metal-Brett auf. Im schwedischen Stil knallen sie einem eins um andere Riffmonster um die Ohren, rasen mal ein ganzes Stück, um dann wieder ein bisschen Zeit für Melodien aufzubringen. Eigentlich wären die Stücke der FALLEN SAINTS perfekt zum Headbangen, nur leider traut sich das niemand außer Frontmann Oli, der Matte in beeindruckender Weise kreisen lässt. Obwohl die Jungs nach jedem Song freundlichen Applaus erhalten, macht sich doch ein leicht fader Geschmack breit, denn angesichts des Engagements, dass die FALLEN SAINTS auf der Bühne demonstrieren hätten sie doch mehr Resonanzen verdient.
Nachdem Sebastian während der letzten zwei Stunden fieberhaft mit der Technik des MP3-Players gerungen hat, scheint er das Monster nun im Griff zu haben, jedenfalls gelingt DESOLATION mit „Tribe Of Light“ ein energiegeladener Einstieg. Die Jungs erwischen den Einsatz und spielen sich den angestauten Frust vom Leib. Die Anwesenden rücken zum Glück wieder ein ganzes Stück näher und bereiten den Lokalmatadoren einen warmen Empfang. In den Pausen zwischen Stücken überbrückt Frontmann Johannes die Zeit mit gewohnt spitzen Ansagen, erläutert kurz die Problematik und freut sich, dass doch so einige bekannte Gesichter den Weg ins Labor gefunden haben. Danach wird wieder heftiger Musik gefrönt, bei der sich Johannes und Sebastian wahre Brüll-Duelle liefern. Gitarrist Felix lässt fast ununterbrochen seine Matte schwingen, aber auch Nicolas und Bassist René stehe nicht unbeweglich in der Gegend herum. Besonders enthusiastisch wird „Erntebringer“ aufgenommen, der Kultsong DESOLATIONs schlechthin, bei dem Johannes stimmlich und von der Mimik her alles aus sich herausholt. Nach „Blindfolded“ ist dann leider Schluss, zum einen da keine brauchbaren älteren Schlagzeugspuren aufzutreiben waren und zum anderen die anderen Stücke ohne richtigen Schlagzeuger live einfach nicht funktionieren. Allerdings haben DESOLATION nicht mit der Heftigkeit des Zugabewunsches gerechnet. Somit wird ersteinmal noch „Wünsch Dir was“ gespielt, bei dem das Publikum per lautestem Schreib bestimmt, welcher Song der Setlist noch einmal gespielt werden soll, wobei die Wahl ganz klar auf „Erntebringer“ fällt. Nach der Zugabe ist dann endgültig Schluss, und DESOLATION werden unter lautem Gejohle und einem „Gute-Besserung-Schrei“ für Tommi verabschiedet. Somit geht ein Abend zu Ende, an dem DESOLATION aus ungünstigen Begebenheiten das Beste gemacht haben und sich trotz fehlenden Live-Drums einen guten Gig auf die Fahnen schreiben dürfen. Und last but not least wünsche ich Tommi eine gute und schnelle Besserung!!!