Mitte Januar 2014 veröffentlichen ALCEST ihr viertes Album “Shelter”, welches soundtechnisch eine Weiterentwicklung in neue Gefilde bietet ohne den Alcest-typischen Charme vermissen zu lassen. Da die Franzosen wunderbarerweise auch eine begnadete Liveband sind, machen sie sich auf, Europa zu bereisen und stoppen am 01.02.2013 in der Londoner ISLINGTON ASSEMBLY HALL.
Musikliebhaber, die ein Faible für verträumte, sinnliche Melodien mit gelegentlichen Ausbrüchen und viel Fantasie haben, sollten sich nicht scheuen, ALCEST auf ihrer Reise zu begleiten!
Begleitet werden die Franzosen von HEXVESSEL, die mit „No Holier Temple“ und der Mini-CD „Iron Marsh“ einige heiße Eisen im Feuer haben. Jenseits gängiger Klassifikation rocken, folken und swingen die wahnwitzigen sechs um Frontmann Mat über die Bühne und ziehen einen unweigerlich in ihren Bann.
Dritte im Bunde sind THE FAUNS aus Bristol. Die Briten haben mit Alison eine Frontfrau an Board, die über eine feengleiche Stimme verfügt.
Das erste Konzert des Jahres entpuppt sich dann auch gleich als eine spezielle Aktion. Es geht in die Stadt an der Themse. London präsentiert sich erstaunlich sonnig, lediglich ein paar unangenehme Windböen ärgern später, während ich vor der Islington Assembly Hall auf Einlass warte. Zwischendurch gibt es eine Ansage der Security, dass man sich zeitnah zum Souvenirkauf entscheiden sollte, da das Curfew mit Ende des Konzerts um 23 Uhr festgelegt wurde. Dann öffnen sich die Türen, und nach schneller und freundlicher Einlasskontrolle geht es in den Saal.
Pünktlich um 19.30 Uhr eröffnen THE FAUNS den musikalischen Teil. Nach einem verstörend klingenden Intro schließen sich dann eher sanfte Klänge an. Frontfrau Alison klingt wie eine Fee. Die Musik ist vergleichbar mit einem Bach, der an der Quelle ruhig vor sich hinperlt, um Verlauf richtig anzuschwellen. Hin und wieder sorgen Rückkopplungen für den einen oder anderen Schreckmoment, ansonsten kann man über den Sound nicht meckern. Die wunderschönen Duette mit Gitarrist Lee hüllen den Zuhörer so richtig ein, so dass die elektronischen Parts zunächst wie ein Fremdkörper wirken, sich dann aber doch stimmig einfügen. THE FAUNS erhalten wohlwollenden Applaus, über den sich die Band sehr freut. Insgesamt liefern die Briten mit ihrer eigenwilligen Mischung aus Pop, Rock und Folk den perfekten Soundtrack, den man für den Ausflug auf die sprichwörtliche einsame Insel einpackt.
Setlist: Ease Down - Road Meets the Sky – Lights – Lovestruck - Let's Go - 4am - In Flames – Fragile - The Sun is Cruising - With You - Seven Hours
In der Umbaupause füllen sich die Reihen zunehmend. Auch HEXVESSEL freuen sich, wieder in London zu sein, wie Mat gleich zu Beginn bekundet. Live müssen die Finnen wieder ohne Sängerin/Percussionistin Marja auskommen, was ihnen auch diesmal hervorragend gelingt. Die Fünf spielen sich Stück für Stück in einen Rausch, und legen auch an Dramatik im Laufe des Sets deutlich zu. Der Bass kommt heute gut zur Geltung und schnarrt richtig schön, so dass die Songs eine dezent dronig-doomige Note zuteilwird. Während der Instrumentalparts gesellt sich Mat mal zu Gitarrist Simo, mal zu Multiinstrumentalist Kimmo, um mit dem Jungs zu rocken und seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Auch muss man anmerken, dass er gesanglich noch weiter zugelegt hat, so dass besonders der letzte Song „Woman Of Salem“ wohlige Gänsehautschauer auslöst.
Setlist: The Tunnel at the End of the Light - Woods to Conjure - I Am the Ritual - His Portal Tomb - Unseen Sun - Woman of Salem
Die Islington Assembly Hall ist mittlerweile sehr gut gefüllt. Schon beim Begrüßungsapplaus wird klar, dass man wegen ALCEST die heimelige Wärme verlassen hat. Die Franzosen legen mit zwei Stücken des neuen Albums „Shelter“ los. Der Rhythmus geht einem sofort in die Waden, so dass man bzw. zumindest ich bei dem absoluten Ohrwurmsong „L´Éveil Des Muses“ unbedingt lostanzen muss. ALCEST präsentieren sich locker und perfekt aufeinander eingespielt. Man kann ihnen die Freude, die sie auf der Bühne empfinden, deutlich ansehen. Neige überlässt seinem Gitarristen Zero viele Vocalparts und begibt sich an den Bühnenrand, um ein wenig abzurocken. Die Briten honorieren jeden Song mit viel Applaus, Ankündigen älterer Songs oder die ersten Töne eines solchen werden lauthals bejubelt. Gerade bei den älteren Stücken kommt die Architektur der altehrwürdigen Islington Assembly Hall zum Tragen, Winterhalters Double Base überträgt sich auf den Parkettboden, so dass sie einem unweigerlich in die Knochen fährt. Zu „Percées de Lumiere” sieht man dann auch den einen oder anderen Headbanger. Nach dem letzten Song bedankt sich Neige erneut ausgedehnt bei den Fans, äußert mit einem Augenzwinkern, dass die ja nicht der letzte sein müsse, und so werden ALCEST postwendend auf die Bühne zurückgeklatscht. Noch einmal werden Fantasie, Gefühl, Träumereien und Nachdenklichkeit komprimiert und in Klänger verwandelt. Noch einmal darf man sich verzaubern lassen. Dann verklingt der letzte Ton und erneut herrscht Beifallgewitter. Während Winterhalter, Zero und Indria die Bühne verlassen obliegt es Neige die Verabschiedung zu übernehmen. Dies macht er ganz souverän und süß, indem er charmant grinst und mit den Händen ein Herz formt. Diese Geste beschreibt eigentlich den kompletten Gig: herrlich unmetallisch-metallisch frei von Zwängen. Definitiv ein Highlight der noch jungen Konzertsaison!
Setlist: Wings – Opale – Summer´s Glory – L´Éveil Des Muses – La Ou Naissent Les Coleurs Nouvelles - Sur L´Océan Coleur De Fer – Voix Serene – Shelter – Beings Of Light – Autre Temps - Percées de Lumiere – Souvenirs … II Deliverance